Bergstürze in der Schweiz (Fokus Flims und Sturz Randa)

 Die Bergstürze von Flims und Randa

Tags: Bergsturz, Randa, Flims, Gravitative Massenbewegung, Schweiz

Leon Frimmel & Jan Kreusel

Einleitung

Bergstürze sind Hybridereignisse, welche meist zur Kategorie Sturzereignisse der gravitativen Massenbewegungen zugeordnet werden. Diese können innerhalb von Sekundenablaufen. Die Masse kann eine Geschwindigkeit von über 100 km/h erreichen und durch ihre Mächtigkeit (>1 Mio. m³) mehrere Kilometer weit stürzen. Die Ablagerungen werden als Bergsturzmasse bezeichnet. Dank ihrer typischen Schichten, können Bergsturzmassen auch lange Zeit nach dem Ereignis als Bergsturz identifiziert werden (Weidinger et al., 2014, p. 66).


Abbildung 1: Steinschlag, Felssturz, Bergsturz (Quelle: verändert nach BiberBerti 2024)

Die Masse wird meist sehr stark zertrümmert. Aufgrund dessen und weiteren Faktoren kann es zum Gleiten des Materials über den Transporthang kommen (Dikau et al., 2019, p. 219). Dies führt meist zu sehr großen Ausdehnungen. Bevor ein Bergsturz ausgelöst wird, wird das Gestein vorher meist durch unterschiedliche Phänomene, wie Wurzeleindrang oder Verwitterung destabilisiert. Das Ereignis kann durch folgende Prozesse ausgelöst werden:

  • Frost/Tau
  • Chemische Prozesse oder mechanische Zerkleinerung
  • Überschreitung des Reibungsschwellenwertes durch seismische Erschütterungen oder Explosionen
  • Aufquellen von Tonsteinen oder Eis 

(Dikau et al., 2019, p. 205)

Flims (Schweiz)

  • Vor ca. 8200-8300 Jahren (frühes Holozän), (Ivy-Ochs et al., 2009)
  • Masse transportiert: 8-9 km³ (größte Bergsturz der Alpen) 
  • Ausdehnung: 52 km² (Poschinger, 2005, pp. 33-35)
  • Geologie: Kalkschichten (Jura- Kreidezeit)
Der Flimser Bergsturz erfolgte als ein Ereignis. Das Material stürzte in einem kompakten Block und
breitete sich nicht seitwärts aus. Dünne Mergelschichten zwischen den Kalksteinabfolgen
reduzierten die Reibung. Das Aufprallen der Sturzmasse auf den Gegenhang führte zu einer Struktur, bei der die Kalkkörner eng beieinander liegen und dadurch die Erosionsresistenz erhöhten
(Poschinger, 2005, pp. 36–37).

Abbildung 2: Abbruchskante und Ablagerungsgebiet des Flimser Bergsturz (Quelle: UNESCO-Welterbe Tektonikarena Sardona o.J.)

Folgen

Der Bergsturz staute mehrere Seen auf. Der Ilanzer und der Versamer See entstanden durch das
Aufstauen des Rheins. Nach einer gewissen Zeit folge ein Dammbruch, bei dem der Ilanzer See entleert
wurde. Sedimentanalysen deuten darauf hin, dass die Entleerung des Sees in mehreren Phasen
erfolgte (Poschinger, 2005, p. 38–44).

Randa (Schweiz): 18.4.1991-9.5.1991

  • Dreifacher Bergsturz
  • Masse transportiert: 30 Mio. m³
  • Geringe Ausbreitung der Sturzmasse (Atypisch)
  • Keine Menschen direkt verletzt
  • Von Geologen (Roullier J.D.) vermessen und beobachtet (Schindler et al., 1993, p. 644)

Abbildung 3: Lage der Abbruchnische und des Ablagerungskegels von Randa. Verlauf des Umleitungsstollen, sowie des ehemaligen und des heutigen künstlichen Laufs der Vispa (Quelle: Schindler et al. 1993, p. 645).

Verlauf und Folgen

Bei dem ersten Sturz stürzten innerhalb von zwölf Stunden ca. 20 Mio. m³ Randagneis ins Tal. Dabei sackte das Material in sich zusammen. Der Schuttkegel staute den Fluss Vispa auf. Dank geologischer Begehungen und Messungen nach dem ersten Sturz, war ein frühzeitiges Vorhersagen weiterer Prozesse möglich (Schindler et al., 1993, p. 652). Am 22.4.1991 erfolgte ein Nachstürzen mit einem Volumen von <100.000 m³. Am 9.5.1991 stürzten im Laufe von sieben Stunden rund 10 Mio. m³ Altkristallin in das Tal. Der Ablagerungskegel wurde erweitert und blockierte die Straße, die Bahngleise und erhöhte den Sperrriegel für die Vispa, weshalb es zur Seebildung über 1,3 km und zur Überflutung des Dorfs Randa kam. Die Messungen wurden anschließend wieder aufgenommen und für die Vispa wurde ein Umleitungsstollen gegraben (Schindler et al., 1993, p. 656).

Auslösegründe

Unterschiedliche Theorien, wie seismische Erschütterungen oder das Gefrieren von Wasser, konnten
schnell widerlegt werden. Allerdings gibt es mehrere Faktoren, welche den Hang destabilisierten:
  • Rückgang der Gletscher nach dem „Last Glacial Maximum“-> Dies führte zur Dehnung der Oberfläche und zur Bildung von Diskontinuitäten.
  • Überdurchschnittlich hohe seismische Aktivität in dieser Region
  • Wasserdruck von innen aufgrund von hohem, aber nicht untypischen, Schmelzwasservorkommen (Schindler et al., 1993, p. 647).

Fazit

Beide Bergstürze haben sich aus einer instabilen geologischen Gesteinsschicht ergeben. Jedoch war
die Menge an gestürztem Material unterschiedlich. Die Geschwindigkeiten und die Ablagerungen
haben jedoch unabhängig ihrer Mächtigkeit einen Einfluss auf die Landschaft ausgeübt. In der Folge
wurden Flüsse aufgestaut und Seen gebildet. Die Bergstürze veränderten die Geomorphologie so, dass
es Konsequenzen für die Nutzung des Raums und die Infrastruktur hat.

Literaturverzeichnis

BiberBerti (2024): Fels-und Bergsturz. https://biberberti.com/fur-kids/themen/steinschlag/felssturz-und-bergsturz/#close [Aufruf am 02.09.2024].

Dikau, R., Eibisch, K., Eichel, J., Meßenzehl, K., Schlummer-Held, M., 2019. Geomorphologie. Springer Berlin Heidelberg, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-59402-5.

Erismann, T.H., 1986. Bergsturz-Dynamik. Physik in unserer Zeit 17, 161–170. https://doi.org/10.1002/piuz.19860170601.

Genske, D.D., 2021. Ingenieurgeologie: Grundlagen und Anwendung, 3. Auflage. ed, Lehrbuch. Springer Spektrum, Berlin [Heidelberg].

Ivy-Ochs, S., Poschinger, A. v., Synal, H.-A., Maisch, M., 2009. Surface exposure dating of the Flims landslide, Graubünden, Switzerland. Geomorphology 103, 104–112. https://doi.org/10.1016/j.geomorph.2007.10.024.

Poschinger, A. von, 2005. Der Flimser Bergsturz als Staudamm. https://doi.org/10.5169/SEALS-225564.

Schindler, C., Cuénod, Y., Eisenlohr, T., 1993. Die Ereignisse vom 18. April und 9. Mai 1991 bei Randa (VS) : ein atypischer Bergsturz in Raten. https://doi.org/10.5169/SEALS-167257.

UNESCO-Welterbe Tektonikarena Sardona (o.J.): Naturgefahren. Veröffentlicht über outdooractive: https://www.outdooractive.com/de/list/naturgefahren/194635400/ [Zugriff am 02.09.2024].

Weidinger, J.T., Korup, O., Munack, H., Altenberger, U., Dunning, S.A., Tippelt, G., Lottermoser, W., 2014. Giant rockslides from the inside. Earth and Planetary Science Letters 389, 62–73. https://doi.org/10.1016/j.epsl.2013.12.017.

Kommentare