Naturgefahren (Ereignisse/Umgang) und Risikomanagement (CH/LIE/AT)
Lawinen in der Schweiz: Historische Ereignisse und moderne Sicherheitsstrategien
Keywords: Lawinengefahr, Schadenslawinen, 1951, Lawinenprävention, Wintersport, Raumplanung
Naturgefahr Lawine
Aufgrund der Topographie der Schweiz
stellen Lawinen eine erhebliche Naturgefahr dar. Jährlich führen
Lawinenabgänge zu Sachschäden, Beeinträchtigungen der Infrastruktur und auch zu
Todesfällen. Bis jetzt wurden im hydrologischen Jahr 2023/24 23 Todesopfer, 261
erfasste Personen und 178 Unfälle gemeldet (SLF 2024). Da die Schweizer Alpen
ein bedeutendes Zentrum für Wintersport und Tourismus, jedoch auch regelmäßig
Schauplatz von Lawinenereignissen sind, ist die Bedeutung effektiver
Präventions- und Sicherheitsmaßnahmen nicht zu unterschätzen.
Lernen aus Vergangenem
Der Winter
1950/51 war in den Schweizer Alpen von außergewöhnlich starken Schneefällen
geprägt und ging als Winter der Schadenslawinen in die Geschichte ein.
Insgesamt verloren 99 Menschen ihr Leben aufgrund von Lawinenereignissen (Abb.
2) (SLF 2024). Besonders dramatisch waren die Ereignisse im Januar 1951. In
bestimmten Gebieten fiel mehr als das Doppelte der üblichen
Januar-Niederschläge (Laternser & Ammann 2001). Diese starken und
langanhaltenden Schneefälle führten zu verheerenden Lawinenabgängen. Zwischen
dem 19. und 22. Januar 1951 wurden in den Schweizer Alpen fast 1000
Schadenlawinen registriert, einige davon in der Region Andermatt (Laternser
& Ammann 2001). Am Morgen des 20. Januars wurden im Urserental (Gemeinden
Andermatt, Hospental und Realp) die ersten Lawinen beobachtet, die Straßen und
Bahnschienen blockierten. In Andermatt selbst lösten sich kleinere Lawinen aus,
was zu Evakuierungsmaßnahmen führte. Mittags traf eine größere Lawine das
Dorfzentrum und zerstörte mehrere Gebäude, wobei 9 Menschen ums Leben kamen
(Laternser & Ammann 2001). Am Nachmittag folgten weitere Lawinen, darunter
eine große, die das Kasernenareal traf, 8 Militärgebäude und 7 andere Gebäude
schwer beschädigte.
Nach einer gründlichen Aufarbeitung und Analyse des Winters 1950/51
begann die Schweiz mit der Integration umfassender Schutz- und
Präventionsprogramme. 1999 ereigneten sich im Winter durch unzählige
Lawinenniedergängen erneut folgenschwere Schadenereignisse (SLF 2024). Mehrere
aufeinanderfolgende Nordwest-Staulagen in weiten Teilen des Alpenraums führten
zu mehr als fünf Meter Schnee. Durch die Lawinenereignisse starben im Winter
1999 19 Menschen in der Schweiz (SLF 2024). Nach dem Lawinenwinter wurden
außerordentliche Investitionen in den baulichen Lawinenschutz getätigt und
umfassende Programme, welche die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen
Akteuren verbessern sollte, gestartet (SLF 2024).
Lehren für die Zukunft
Auch heute noch trägt eine vorausschauende Raumplanung maßgeblich zur Vorbeugung von Gefahren bei (Abb. 1). Fortschritte in der Modellierung, eine verbesserte Vernetzung aller Beteiligten und die Einführung neuer technischer Standards unterstützen dabei, extreme Lawinenereignisse zukünftig präziser vorherzusagen, möglichst zu verhindern oder im Ernstfall besser zu bewältigen (SLF 2024). Die verbesserte Vernetzung zwischen verschiedenen Akteuren, wie lokalen Behörden, Lawinenwarndiensten und wissenschaftlichen Institutionen, ermöglicht eine effizientere Risikobewertung und Krisenbewältigung. Ein Beispiel für die Umsetzung dieser Vernetzung ist das interkantonale Frühwarn- und Kriseninformationssystem (IFKIS), das nach den extremen Lawinenereignissen des Winters 1999 eingeführt wurde (SLF 2024). Dieses System erlaubt es den Beteiligten, in Echtzeit Informationen auszutauschen und frühzeitig auf sich anbahnende Gefahren zu reagieren. Die Integration von modernen Kommunikationsplattformen in solche Systeme hat die Koordination und Zusammenarbeit auf ein neues Niveau gehoben, was sich in einer verbesserten Prävention und einem optimierten Krisenmanagement zeigt. Gleichzeitig spielen neue technische Standards eine zentrale Rolle bei der Verbesserung der Lawinensicherheit. Diese Standards definieren die Anforderungen an Schutzinfrastrukturen wie Lawinengalerien, Schneenetze und Auffangdämme, die gezielt eingesetzt werden, um Lawinenabgänge zu kontrollieren und die Sicherheit in gefährdeten Gebieten zu erhöhen. Zudem ermöglichen technologische Innovationen wie Gaskanonen eine kontrollierte Auslösung von Lawinen unter sicheren Bedingungen, wodurch unvorhergesehene und potenziell katastrophale Lawinenabgänge vermieden werden können (Schimpp & Mayr 2000).
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Literaturverzeichnis
Hanausek,
E. & Hopf, J. (2000): Permanenter Lawinenschutz. In: Land Tirol (Hrsg.):
Lawinenhandbuch. 7. Aufl. Tyrolia Verlag, Innsbruck-Wien: 107-115.
Laternser,
M. und Ammann, W.J. (2001): Der Lawinenwinter 1951 |
The Avalanches in the Winter of 1951. Schweizerische Zeitschrift fur Forstwesen
152(1), S. 25–35. doi: 10.3188/szf.2001.0025.
Schimpp,
O. & Mayr, R. (2000): Temporärer Lawinenschutz. In: Land Tirol (Hrsg.):
Lawinenhandbuch. 7. Aufl. Tyrolia Verlag, Innsbruck-Wien: 115-134.
SLF
(WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung) (2024): Lawinen. Verfügbar
unter: https://www.slf.ch/de/lawinen [Zugriff am 02.06.2024].
Statista (2024): Schweiz - Seilbahnen nach Anlagetyp 2022. Verfügbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/467641/umfrage/verteilung-der-seilbahnen-in-der-schweiz-nach-anlagetyp/ [Zugriff am 02.06.2024].
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