Naturgefahren (Ereignisse/Umgang) und Risikomanagement (CH/LIE/AT)
Die gefrorene Welt der Kryosphäre: Permafrost und Gletscher im Wandel der Zeit
Tags:
Permafrost; Blockgletscher, Furkapass, Gletscher, Gletschermessungen,
Aletschgletscher, Klimawandel
Einleitung
In den letzten Jahrzehnten gab es durch den
Klimawandel erhebliche Veränderungen in der Kryosphäre, vor allem bei
Gletschern und im Permafrost. Im folgenden Blogbeitrag sollen euch beide
Phänomene und ihre Veränderungen nähergebracht werden. Der Furkapass und der
Aletschgletscher werden als bekannte Beispiele der Schweiz genutzt, um die
Erscheinungen verständlicher zu machen.
Permafrost
Gletscher und Permafrost
reagieren sehr sensibel auf Klimaveränderungen. Die Reaktion von Gletschern auf
Klimaveränderungen ist aufgrund jährlicher Messungen sehr gut bekannt.
Hinsichtlich der Verbreitung und das Verhalten des alpinen Permafrostes, weiß
man jedoch relativ wenig (Krainer 2007: 1). Permafrost befindet sich in den
Alpen in der periglazialen Zone, also oberhalb der Waldgrenze. Dieser Bereich
umfasst die Gebiete, die außerhalb der Gletscher liegen und durch ein kaltes
Klima mit durchschnittlicher Jahrestemperatur von unter 3°C geprägt sind. In
diesen Zonen treten häufig Frostprozesse auf, diese sind charakteristisch für
die Entwicklung von Permafrost und Massenbewegungen in den wassergesättigten
Auftauzonen (ebd. 2007: 1f). Im Alpenraum wird den
Permafrost-Erscheinungsformen der Blockgletscher und
Gelifluktion/Solifluktionsloben (Lobenbildung durch Fließbewegung der Böden mit
gravitativem Einfluss), am meisten Bedeutung zugesprochen (vgl. Leser 2009,
Krainer 2007). Die Permafrostverbreitung der Schweiz wird in Abbildung 1
veranschaulicht. Der Furkapass, der stark von Permafrost umgeben ist, wird
hervorgehoben. Die Darstellung basiert auf Modellierungen anhand von
verschiedenen Datengrundlagen.
Veränderungen der Permafrostböden
Permafrost reagiert sehr
sensibel auf klimatischen Veränderungen. In Folge einer Degradation, die den
Rückgang von Permafrost beschreibt, kommt zu mehreren Ereignisketten:
- Räumliche Ausdehnung geht zurück, infolge
nimmt die saisonale Auftauschicht zu. Zudem erhöht sich die
Grundwasserzirkulation und der Wasserdruck (Mair et al. 2018: 11).
- Geomorphologischen Prozesse werden häufiger
(ebd: 11).
- Aktivität von Felsstürzen und Felslawinen
erhöht sich, zudem die Bewegungsrate der Blockgletscher (ebd: 11).
- Freisetzung von CO2 und Methan (zudem weitere Gase) wird durch das Auftauen des Permafrostes begünstigt. Dies führt zu einem positiven Rückkopplungseffekt, wo sich die Prozesse gegenseitig beschleunigen (Guggenberger & Böttcher 2021: 58). Abbildung 2 zeigt diesen Kreislauf eigens auf.
Abbildung 2:
Positiver Rückkopplungseffekt des auftauenden Permafrostbodens (Grosse 2018: 12).
Gletscher
Entstehung und Gletschertypen
Gletscher entstehen vereinfacht gesagt dort, wo
mehr Schnee fällt als abschmilzt. Dies ist vor allem in den Regionen um die
Pole und im Hochgebirge der Fall. Die Schneegrenze sagt aus, wo sich diese
Bedingung erfüllt ist. Wichtig sind dafür vor allem die geographische Lage und
das Klima. Zusätzlich braucht es die Metamorphose des Schnees, damit dieser zu
Eis werden kann. Das passiert durch Auftauen und Gefrieren des Schnees. Der
Prozess kann manchmal nur paar Jahrzehnte dauern, andererseits aber auch weit
über 1000 Jahre (Hagg 2020: 17-23).
Die am weitesten verbreitete Art Gletscher zu unterteilen, ist auf die Morphologie (etwa die Form) zurückzuführen. Das ist in der Wissenschaft umstritten, weil es nur auf Beschreibungen beruht. Im Hochgebirge gibt es vor allem Tal-, Kar-, und Hängegletscher. Die Gletscherzungen von Talgletschern fließen bis in die Täler, Kargletscher sind hingegen nur noch in ihren Eintiefungen zu finden. Hängegletscher (cf. Abbildung 3) befinden sich hingegen an Bergflanken und brechen abrupt ab (Hagg 2020: 70-76).
Veränderungen messen
Gletscher werden vermessen, um zu verstehen, wie
sich ihre Länge und Mächtigkeit verändern. Dadurch kann der Einfluss des
Klimawandels auf die Gletscher sichtbar gemacht werden. Für die Länge des
Gletschers geht das mit Luftbildern oder einfachen Messungen, die sich am
Gelände orientieren. Wichtiger sind jedoch die Massenbilanzen. Diese werden
ausgerechnet, in dem die Veränderung der Höhe und Fläche des Gletschers
ermittelt werden. Die besten Methoden hierfür sind Ablationsstangen, an denen
der Höhenunterschied direkt abgelesen werden kann oder Laserscans, die die
Fläche besser abdecken. Zusammen mit der Dichte des Gletschers und der
dazugekommenen Masse oberhalb der Gleichgewichtslinie können so die
Veränderungen ausgerechnet werden (Hagg 2020:
50-61).
Aletschgletscher
Der Aletschgletscher ist der größte Gletscher der
Alpen. Allerdings schmilzt er, genau wie die anderen europäischen Gletscher
aufgrund des Klimawandels kontinuierlich ab (GLAMOS 2022: 9&24). Zum
Maximum der letzten Eiszeit reichte er zusammen mit dem Rhonegletscher in zwei
Armen bis nach Solothurn bzw. Lyon. Obwohl er sich in einer sehr hohen Lage
befindet und von Viertausendern umgeben ist, würde er mit dem Klimaszenario RCP
4,5 bis 2100 eventuell 75% seines Volumens verlieren (Jouvet & Huss 2019:
871). Um bis dahin ganz abzuschmelzen, müsste die Schneegrenze um 1300m
ansteigen. Dies entspricht einer Temperaturerhöhung von 8,5°C, was sich
jenseits von allen Szenarien, die das ICPP nutzt, befindet (Holzhauser 2009:
99f.).
Abbildung 4: Blick auf den Großen Aletschgletscher vom Eggishorn. Foto von Dirk Meyer. Lizenz: CC BY-SA 3.0. Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a1/Grosser_Aletschgletscher_3196.JPG.
Konklusion
Es wird festgehalten, dass Permafrost und Gletscher, beide sehr sensibel auf die Klimaveränderungen reagieren. Aufgezeigt wurde, dass der anthropogen verursachte Klimawandel das Abschmelzen beider Phänomene verstärkt und, dass das verschiedene Auswirkungen hat. Besonders der natürliche Kohlenstoffspeicher in Permafrostböden kehrt sich mit zunehmenden Temperaturen rasant um. Dieser positive Rückkopplungseffekt wird in Zukunft noch an Evidenz dazugewinnen.
Hier geht es zum Exkursionstagebuch.
Literaturverzeichnis
GLAMOS
(2022): The Swiss Glaciers 2019/20 and 2020/21. Glaciological Report 141/42. VAW & ETH
Zürich, Zürich. DOI: https://doi.glamos.ch/pubs/glrep/glrep_141-142.pdf.
Grosse, G., Lenz,
J., & Strauss, J. (2018). Permafrost
distribution and permafrost degradation in the polar regions. Geographische
Rundschau, 70(11), 10-15.
Guggenberger, G.,
& Böttcher, J. (2021): Organische Bodensubstanz: Nachhaltige Speicherung
von Kohlenstoff und Stickstoff. Unimagazin 1/2 (2021), 58-60.
Hagg, Wilfried
(2020): Gletscherkunde und Glazialgeomorpholgie. Springer Spektrum, Berlin.
Holzhauser, H.
(2009): Die bewegte Vergangenheit des Grossen Aletschgletschers. In: Blätter
aus der Walliser Geschichte, 41, S. 47-102.
Jouvet, G. & Huss, M. (2019):
Future retreat of Great Aletsch Glacier. In: Journal of
Glaci-ology, 65 (253), S. 869–872. DOI: 10.1017/jog.2019.52.
Krainer, K.
(2007). Ländlicher Raum 1—Online-Fachzeitschrift des Bundesministeriums für
Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft: Permafrost und
Naturgefahren in Österreich.
https://info.bml.gv.at/dam/jcr:d676d22c-f9bf-4c8d-844c-9b37d070f181/Krainer_pdf_END.pdf
[zuletzt abgerufen am 05.06.2024].
Leser, H. (2009):
Geomorphologie (Neubearbeitung). In: Das Geographische Seminar. Duttman, R.,
Glawion, R., Popp, H. & Schneider-Silwa, R. (Hrsg.). Westermann.
Mair, V., Zischg,
A., Lang, K., Tonidandel, D., Krainer, K., Kellerer-Pirklbauer, A., Deline, P.,
Schoeneich, P., Cremonese, E., Pogliotti, P., Gruber, S., & Böckli, L.
(2011). PermaNET - Permafrost Long-term Monitoring Network.
Synthesebericht (Report 3). Interpravent Schriftreihe 1.
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