Permafrost und Gletscher - Veränderungen

Naturgefahren (Ereignisse/Umgang) und Risikomanagement (CH/LIE/AT)

Die gefrorene Welt der Kryosphäre: Permafrost und Gletscher im Wandel der Zeit

David Spechtenhauser & Aurel Vidali

Tags: Permafrost; Blockgletscher, Furkapass, Gletscher, Gletschermessungen, Aletschgletscher, Klimawandel

Einleitung

In den letzten Jahrzehnten gab es durch den Klimawandel erhebliche Veränderungen in der Kryosphäre, vor allem bei Gletschern und im Permafrost. Im folgenden Blogbeitrag sollen euch beide Phänomene und ihre Veränderungen nähergebracht werden. Der Furkapass und der Aletschgletscher werden als bekannte Beispiele der Schweiz genutzt, um die Erscheinungen verständlicher zu machen.

Permafrost

Gletscher und Permafrost reagieren sehr sensibel auf Klimaveränderungen. Die Reaktion von Gletschern auf Klimaveränderungen ist aufgrund jährlicher Messungen sehr gut bekannt. Hinsichtlich der Verbreitung und das Verhalten des alpinen Permafrostes, weiß man jedoch relativ wenig (Krainer 2007: 1). Permafrost befindet sich in den Alpen in der periglazialen Zone, also oberhalb der Waldgrenze. Dieser Bereich umfasst die Gebiete, die außerhalb der Gletscher liegen und durch ein kaltes Klima mit durchschnittlicher Jahrestemperatur von unter 3°C geprägt sind. In diesen Zonen treten häufig Frostprozesse auf, diese sind charakteristisch für die Entwicklung von Permafrost und Massenbewegungen in den wassergesättigten Auftauzonen (ebd. 2007: 1f). Im Alpenraum wird den Permafrost-Erscheinungsformen der Blockgletscher und Gelifluktion/Solifluktionsloben (Lobenbildung durch Fließbewegung der Böden mit gravitativem Einfluss), am meisten Bedeutung zugesprochen (vgl. Leser 2009, Krainer 2007). Die Permafrostverbreitung der Schweiz wird in Abbildung 1 veranschaulicht. Der Furkapass, der stark von Permafrost umgeben ist, wird hervorgehoben. Die Darstellung basiert auf Modellierungen anhand von verschiedenen Datengrundlagen.

Abbildung 1: Hinweiskarte des Permafrostvorkommens in den Schweizer Alpen (Schweizerische Eidgenossenschaft, map.geo 2018).

Veränderungen der Permafrostböden

Permafrost reagiert sehr sensibel auf klimatischen Veränderungen. In Folge einer Degradation, die den Rückgang von Permafrost beschreibt, kommt zu mehreren Ereignisketten:

  • Räumliche Ausdehnung geht zurück, infolge nimmt die saisonale Auftauschicht zu. Zudem erhöht sich die Grundwasserzirkulation und der Wasserdruck (Mair et al. 2018: 11).
  • Geomorphologischen Prozesse werden häufiger (ebd: 11).
  • Aktivität von Felsstürzen und Felslawinen erhöht sich, zudem die Bewegungsrate der Blockgletscher (ebd: 11).
  • Freisetzung von CO2 und Methan (zudem weitere Gase) wird durch das Auftauen des Permafrostes begünstigt. Dies führt zu einem positiven Rückkopplungseffekt, wo sich die Prozesse gegenseitig beschleunigen (Guggenberger & Böttcher 2021: 58). Abbildung 2 zeigt diesen Kreislauf eigens auf.

Abbildung 2: Positiver Rückkopplungseffekt des auftauenden Permafrostbodens (Grosse 2018: 12).

Gletscher

Entstehung und Gletschertypen

Gletscher entstehen vereinfacht gesagt dort, wo mehr Schnee fällt als abschmilzt. Dies ist vor allem in den Regionen um die Pole und im Hochgebirge der Fall. Die Schneegrenze sagt aus, wo sich diese Bedingung erfüllt ist. Wichtig sind dafür vor allem die geographische Lage und das Klima. Zusätzlich braucht es die Metamorphose des Schnees, damit dieser zu Eis werden kann. Das passiert durch Auftauen und Gefrieren des Schnees. Der Prozess kann manchmal nur paar Jahrzehnte dauern, andererseits aber auch weit über 1000 Jahre (Hagg 2020: 17-23).     

Die am weitesten verbreitete Art Gletscher zu unterteilen, ist auf die Morphologie (etwa die Form) zurückzuführen. Das ist in der Wissenschaft umstritten, weil es nur auf Beschreibungen beruht. Im Hochgebirge gibt es vor allem Tal-, Kar-, und Hängegletscher. Die Gletscherzungen von Talgletschern fließen bis in die Täler, Kargletscher sind hingegen nur noch in ihren Eintiefungen zu finden. Hängegletscher (cf. Abbildung 3) befinden sich hingegen an Bergflanken und brechen abrupt ab (Hagg 2020: 70-76).  


Abbildung 3: Hängegletscher neben dem Gaisbergferner. Eigene Abbildung.

Veränderungen messen

Gletscher werden vermessen, um zu verstehen, wie sich ihre Länge und Mächtigkeit verändern. Dadurch kann der Einfluss des Klimawandels auf die Gletscher sichtbar gemacht werden. Für die Länge des Gletschers geht das mit Luftbildern oder einfachen Messungen, die sich am Gelände orientieren. Wichtiger sind jedoch die Massenbilanzen. Diese werden ausgerechnet, in dem die Veränderung der Höhe und Fläche des Gletschers ermittelt werden. Die besten Methoden hierfür sind Ablationsstangen, an denen der Höhenunterschied direkt abgelesen werden kann oder Laserscans, die die Fläche besser abdecken. Zusammen mit der Dichte des Gletschers und der dazugekommenen Masse oberhalb der Gleichgewichtslinie können so die Veränderungen ausgerechnet werden (Hagg 2020: 50-61).

Aletschgletscher

Der Aletschgletscher ist der größte Gletscher der Alpen. Allerdings schmilzt er, genau wie die anderen europäischen Gletscher aufgrund des Klimawandels kontinuierlich ab (GLAMOS 2022: 9&24). Zum Maximum der letzten Eiszeit reichte er zusammen mit dem Rhonegletscher in zwei Armen bis nach Solothurn bzw. Lyon. Obwohl er sich in einer sehr hohen Lage befindet und von Viertausendern umgeben ist, würde er mit dem Klimaszenario RCP 4,5 bis 2100 eventuell 75% seines Volumens verlieren (Jouvet & Huss 2019: 871). Um bis dahin ganz abzuschmelzen, müsste die Schneegrenze um 1300m ansteigen. Dies entspricht einer Temperaturerhöhung von 8,5°C, was sich jenseits von allen Szenarien, die das ICPP nutzt, befindet (Holzhauser 2009: 99f.).

Abbildung 4: Blick auf den Großen Aletschgletscher vom Eggishorn. Foto von Dirk Meyer. Lizenz: CC BY-SA 3.0. Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a1/Grosser_Aletschgletscher_3196.JPG.

Konklusion

Es wird festgehalten, dass Permafrost und Gletscher, beide sehr sensibel auf die Klimaveränderungen reagieren. Aufgezeigt wurde, dass der anthropogen verursachte Klimawandel das Abschmelzen beider Phänomene verstärkt und, dass das verschiedene Auswirkungen hat. Besonders der natürliche Kohlenstoffspeicher in Permafrostböden kehrt sich mit zunehmenden Temperaturen rasant um.  Dieser positive Rückkopplungseffekt wird in Zukunft noch an Evidenz dazugewinnen.

Hier geht es zum Exkursionstagebuch.

Literaturverzeichnis

GLAMOS (2022):  The Swiss Glaciers 2019/20 and 2020/21. Glaciological Report 141/42. VAW & ETH Zürich, Zürich. DOI: https://doi.glamos.ch/pubs/glrep/glrep_141-142.pdf.

Grosse, G., Lenz, J., & Strauss, J. (2018). Permafrost distribution and permafrost degradation in the polar regions. Geographische Rundschau70(11), 10-15.

Guggenberger, G., & Böttcher, J. (2021): Organische Bodensubstanz: Nachhaltige Speicherung von Kohlenstoff und Stickstoff. Unimagazin 1/2 (2021), 58-60.

Hagg, Wilfried (2020): Gletscherkunde und Glazialgeomorpholgie. Springer Spektrum, Berlin.

Holzhauser, H. (2009): Die bewegte Vergangenheit des Grossen Aletschgletschers. In: Blätter aus der Walliser Geschichte, 41, S. 47-102.

Jouvet, G. & Huss, M. (2019): Future retreat of Great Aletsch Glacier. In: Journal of Glaci-ology, 65 (253), S. 869–872. DOI: 10.1017/jog.2019.52.

Krainer, K. (2007). Ländlicher Raum 1—Online-Fachzeitschrift des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft: Permafrost und Naturgefahren in Österreich. https://info.bml.gv.at/dam/jcr:d676d22c-f9bf-4c8d-844c-9b37d070f181/Krainer_pdf_END.pdf [zuletzt abgerufen am 05.06.2024].

Leser, H. (2009): Geomorphologie (Neubearbeitung). In: Das Geographische Seminar. Duttman, R., Glawion, R., Popp, H. & Schneider-Silwa, R. (Hrsg.). Westermann.

Mair, V., Zischg, A., Lang, K., Tonidandel, D., Krainer, K., Kellerer-Pirklbauer, A., Deline, P., Schoeneich, P., Cremonese, E., Pogliotti, P., Gruber, S., & Böckli, L. (2011). PermaNET - Permafrost Long-term Monitoring Network. Synthesebericht (Report 3). Interpravent Schriftreihe 1.


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